Es geht in Patras an Land und gleich weiter in den Südwesten des Peloponnes. Küste und Berge und Küste und … geschichtsträchtige Orte reihen sich aneinander. Homer und die antike Sagenwelt lassen grüßen. Ganz gleich, wohin es uns derzeit verschlägt, wir finden mühelos einen schönsten Übernachtungsplatz nach dem anderen. Das Land bietet einfach jede Menge Platz für alle und auch sonst gibt es von allem reichlich. Auf den Märkten frisches Obst und Gemüse für kleines Geld. In fast jedem Ort einen privaten Bäcker und Metzger, der seine Waren noch komplett selbst erzeugt. Trinkbares Quellwasser fließt aus öffentlichen Brunnen quasi direkt in unseren Tank.
Aber auch die Spuren der griechischen Krise sind unübersehbar. Allenthalben passiert man Bauvorhaben, die sich offensichtlich schon über Jahre hinweg nicht von der Stelle bewegen. In einer Stadt mußten wir ausufernde Müllberge umkurven - da funktioniert wohl schon seit Wochen die Müllabfuhr nicht mehr. Die Straßen sind im Wesentlichen i.O., immer vorausgesetzt, die Berghänge bleiben stabil. Die Enge der Ortschaften (und insbesondere tiefhängende Balkone) muß man natürlich mitbedenken, wenn man mit 10 Tonnen Lebendgewicht und 3,60 m in der Höhe daherkommt.
Willkommen sind wir hier an jedem Ort. Manch einer spricht ein paar Brocken deutsch, die Namen unserer Politiker(innen) kennen sie leider alle, aber das tut der Gastfreundschaft keinen Abbruch, insbesondere nicht an diesem Wochenende, denn alle sind in feinster Feiertagslaune: es ist Ostern nach hiesigem Kalender.
Mit Porto Kagio erreichen wir den südlichsten Punkt des Peloponnes und damit angeblich den zweitsüdlichsten Punkt Europas überhaupt. Ab jetzt geht es naturgemäß in eine andere Richtung und vermutlich auch etwas zügiger voran.
Jede einzelne Region hier hat schon für sich allein so viel zu bieten! Man möchte überall gerne noch Zeit anhängen… Auf der westliche Halbinsel im Süden gab es deshalb gleich drei Zwischenstops. Nahe Pylos verbrachten wir die Ostertage und konnten von unserem Strandparkplatz aus per Moped die Bucht von Navarino erkunden. Sie hat einen gewissen Bekanntheitsgrad durch die gleichnamige Schlacht erlangt, in der ehedem gut 50 Schiffe versenkt wurden und ca. 6000 Tote zu beklagen waren. Heute genießt man einfach nur ihren malerischen Anblick: türkisfarbenes Wasser, pinienbedeckte Hügel und Olivenhaine soweit das Auge reicht.
Auf Pylos folgten dann die Orte Methoni und Koroni - beide mit beeindruckenden venezianischen Festungen bestückt, die ihrerseits auch „die Augen der Serenissima“ genannt wurden. Anschließend ging es weiter über Kalamata, der zweitgrößten Stadt auf dem Peloponnes (und bekannt für seine ganz besondere Olivenart), zur mittleren Halbinsel. Das Landschaftsbild ist hier ein völlig anderes. Man schraubt sich über schmale Straßen durch die beeindruckende Kulisse des Taygetos-Gebirges. Die Felsen reichen heran bis an die Küste, ab und an „verziert“ durch türkisfarbene Buchten. Raue Landschaft, ungemütlich heiß in den Sommermonaten, mit spärlichem Bewuchs und sehr einsam. Die Ansiedlungen werden hier dominiert von Natursteinhäuser und den Überbleibseln alte Wach- und Wehrtürme. Sie stammen noch aus der Zeit, in der es in der Mani erbitterte Blutfehden zwischen Familienclans auszutragen galt. Typisch für die Gegend sind allerdings auch krasse Wetterumschwünge. Wir haben hier zeitweise 100 km pro Tag auf dem Moped abgespult. Von naß bis auf die Haut bis Sonnenbrand war dabei alles geboten!
Gythio ist nun möglicherweise unsere letzte Station „hier unten“, der einstige Hafen Spartas. Ein lohnendes Ziel, aber nicht mehr ganz so spannend, da uns von unserer Rundreise in 2014 her bereits bekannt. Tja, und da wir nun inzwischen etwas mehr Zeit hatten, die Nasen in die Reiselektüre zur Türkei zu stecken, zieht es uns nun mit Macht dorthin, wir wollen also Gas geben. Griechenland wird trotzdem nicht zum reinen Transitland degradiert. Unterwegs werden wir noch etliches zu entdecken haben…
Inzwischen haben wir Strecke gemacht und sind im Norden Griechenlands angekommen. Der Peloponnes hatte uns mit der Überquerung des Parnonas-Gebirges mit Badron-Schlucht zuletzt noch ein feines Highlight geboten. Durch Obstanbaugebiete führt der Weg zuerst über breite, (für Orangentransporter) gut ausgebaute Straßen, dann weiter durch üppig bewaldete Gegend rasch rauf auf 1.200m. War es am Fuße der Berge noch sommerlich warm, gab es am Paß nur noch 9 Grad! Entlang der steilen Hänge sieht man im Vorbeifahren gut erhaltene Saumpfade, malerisch mit Natursteinen verstärkt. Eine einzige Ortsdurchfahrt gibt es unterwegs, die aber enger kaum sein dürfte. Die geparkten Fahrzeuge mußten jedenfalls von der Straße, erst dann konnten wir uns durchpressen.
Ein paar Tage gab es schließlich noch in Nauplia und über den Kanal von Korinth ging es weiter auf’s Festland, durch Theben (heute Thiva) durch, an Delphi vorbei, wieder durch herrliche Gebirgslandschaft - diesmal die des Parnass-Gebirges. Im Vorbeifahren präsentierte uns dann zu guter Letzt auch noch der Olymp sein schneebedecktes Haupt - Antike wohin man nur schaut. Gefühlt alle 50m ein Hinweisschild „Archeological site“, nicht alles lohnt dabei einen Abstecher …
Und nun stehen wir auf dem „Mittelfinger“ der Chalkidi. Einsame Buchten und nur ganz vereinzelt Mobil-Reisende, 4x4 ist meist eh Voraussetzung für die Zufahrt. In erster Linie lieben aber die Griechen selbst diese Region, zelten am Ufer, fischen, grillen … alle superentspannt! Glücklich, wer ein Moped hat, für Grillfleischnachschub ;o)
Das Wetter hilft entscheiden: Regen am Strand vs. Weiterreise? Klare Sache. Wir verlassen die Chalkidiki und ziehen weiter. Wasserfassen wäre noch angesagt, allerdings gibt es hier in der Region jetzt schon, noch bevor die Urlaubersaison überhaupt erst begonnen hat, ein echtes Versorgungsproblem: kaum Druck auf den Leitungen, wir finden keinen Hahn zum Zapfen. Aber wir finden die Quelle am Berghang, an der die Einheimischen ihr Wasser in Kanistern direkt abholen - Natur pur ist uns eh am liebsten. Es ist kaum Verkehr um diese Jahreszeit, wir fahren genüßlich die Küste in nordöstlicher Richtung ab. Kurz vor Kavala beginnen wir mit der Stellplatzsuche, aber die Strände sind hier heillos verbaut. Alles entweder Privatgrund oder möbliertes Strandbad oder unzugänglich, aber ohne Meerblick wollen wir nicht. Die Rettung ist eine Festungsruine und besser hätten wir’s kaum treffen können: altes Gemäuer, EU-finanziert restauriert, leider nur auf Griechisch beschildert, für Publikum nicht zugänglich, ebene Fläche davor, rundherum Blumenwiese, Fernsicht bis zum Meer, Stille … Am nächsten Morgen ausgeruhter Start und vorsorgliches Volltanken im nahen Dorf. Die Griechen nehmen im günstigsten Fall nur 93 Cent pro Dieselliter. Die Türkei soll dagegen eher höherpreisig sein und wir erwarten, daß der Preis Richtung Grenze kontinuierlich anziehen wird. Die Vorsicht war jedoch gänzlich unnötig. Die letzte Nacht auf griechischem Boden verbringen wir mitten in Alexandroupolos, das benachbarte Hotel "spendet" Internetzugang, wir können noch das eine oder andere organisieren und dann also los, auf in die Türkei!
Wir sind kaum raus aus der Stadt, steht eine gut 2 km lange Schlange Lkw am Rand. Hm, Rückstau von der Grenze? Wird verworfen, kann unmöglich wahr sein. Blockabfertigung an der Grenze? Noch nicht zu Ende gedacht, Polizei auf der Straße und Stop: „Customs closed!“. Einer der Polizisten schnürt ums Auto rum, stellt fest: „ Wheel home?!“ und läßt uns weiterfahren. Aber nur, damit wir am Ende dann auch selbst feststellen: customs closed, also Zoll-Streik auf deutsch. Irgendwer erzählt uns, es würden ca. 10 Autos pro Stunde abgefertigt. Na bravo, wir zählen durch … Aber am Ende läuft es so, daß sie jeweils immer zur vollen Stunde für 10 Minuten aufmachen und das paßt dann glücklicherweise. Nach nur 45 Minuten Wartezeit sind wir raus aus der EU.