SAUDI-ARABIEN

Mega-Kilometer auf dem Plan

Wir sind wieder raus aus Bahrain und zurück in Saudi-Arabien und legen nun endlich richtig los. Einmal rundherum um dieses Riesenland, das ist der Plan und eines können wir gleich schon am Start festhalten: hier macht Tanken Freude. 425l Diesel à 200 Saudi-Rial sind? 49€

Wir machen uns als erstes auf den direkten Weg nach Riad. Unterwegs gibt es leider einen ärgerlichen Zwischenstopp. Einer fährt uns spontan und ansatzlos in die Spur und wir hinterlassen bei ihm "bleibende Eindrücke". Ein Vertreter der saudischen Versicherung war aber ziemlich schnell zur Stelle, der Fall glasklar, der Schaden an unseren 10t Schwermetall glücklicherweise kaum zu sehen. 15 Jahre haben wir den Laster nun auf der Straße und hier scheppert es zum ersten Mal! Aber keiner verletzt, kein Kind im Auto gewesen… Weiter geht's. Noch ein weiterer kurzer Zwischenstopp zum Aufhübschen und wir werfen den Anker in der größten Stadt der arabischen Halbinsel.

Streifzug durch Riad

Fort Masmak, Murraba Palace, Deira Souk ... Alle Sehenswürdigkeiten hat man hier als Tourist fast für sich allein. Dagegen sind die Straßen der Stadt voller als voll verschärft durch die aktuellen Metro-Baustellen. Aber uns berührt das auf wunderbare Weise nicht, der Laster ist privat geparkt, wir haben das große Glück, bei einer Familie zu Gast zu sein (zu erklären, wie das zustande kam, sprengt hier den Rahmen ...). Diese Familie trägt uns ohne wenn und aber durch die Zeit in Riad auf Händen. Alle schaffen uns mit ihrer Begleitung durch die Stadt, Erklärungen und Antworten auf alles unmittelbar einen Zugang zu Leben und Lebensgefühl in Saudi. Alle Familienmitglieder begegnen uns mit offenen Armen und Herzen und wir halten Augen und Ohren weit offen, um alles an Neuem aufzusaugen und einzuordnen.

Ohne ihre Begleitung hatten wir zum Beispiel nie erfahren, daß heutzutage des nachts in Riad zu Sinatra mitgesungen und fast schon mitgetanzt (!!!) wird. Davon waren wir nun doch einigermaßen überrascht (starke Untertreibung) und uns einig: das glaubt uns keiner, oder doch? "If I can make it there, I'll make it anywhere. It's up to you, Riyadh, Riyadh" ✌️😎 ( Kleines Video dazu in unserem (B)Logbuch )

Eine ungeheuer intensive Erfahrung! Wir stromern auch durch den Kaffee-Souq von Riad. Arabischer Kaffee!!! Und zwar beste Bohne aus dem Jemen! Wobei die Jemeniten selbst für ihren Kaffee nur die Schalen verwenden, haben wir gelernt. Ansonsten wird auf der arabischen Halbinsel gerne Kaffee gewürzt getrunken, mit Kardamom und Pfeffer! Wir bleiben lieber beim dunkelschwarzen puren Geschmack und haben gleich 2 Kilo auf Lager genommen. Mal schauen, ob das reicht bis nach Hause.

Dann besuchen wir Diriyah an unserem letzten Abend in Riad, eine alte eindrucksvolle Ruinenstadt aus Lehmpalästen, und es heißt Abschied nehmen von der saudischen Hauptstadt, aber auch von unseren wunderbaren Gastgebern. It's no easy way to leave. It's no easy way to say goodbye. Shukran! Dankeschön! Thank you! We are very much looking forward to seeing you in Germany!

Fields of Gold

Weiter geht's mit Ziel Najran im Süden Saudi-Arabiens. Drei Tage schätzen wir werden wir bis dahin in etwa brauchen. Mit einem ersten kleinen Umweg über Ad Dilam südlich von Riad. Dort irgendwo im Nix steht völlig verlassen von Mensch und Tier ein altes "Vogelhäuschen" in der Landschaft. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit finden wir dann noch Schönheit pur: goldene Dünen in "the empty quarter", der Rub al-Khali.

Najran im Süden

Angekommen in der Oasenstadt Najran. Der Sand der Rub hat hier keine Chance gegen Palmen und Felder. Und dazwischen überall verstreut alte, malerische Gebäude in traditionell jemenitischem Baustil, die man nur hier in Grenznähe oder eben im Jemen finden kann.

Wir statten der Hauptattraktion einen Besuch ab, dem Emara Palace mitten in der Stadt, und streifen ein Stündchen durch den Souq mit seinen lokalen Spezialitäten: handgefertigte Schmuckdolche und lederne Babytragetaschen. Und dann, wir hatten Najran schon fast wieder verlassen, wollten uns gerade noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang einen Platz etwas außerhalb zum Übernachten suchen, da entdecken wir zufällig einen zweiten Palast. Schneller Entschluß: abbiegen, anschauen.

Kaum ausgestiegen treffen wir direkt auf den Hausherren, bekommen eine private Führung plus herzliche Einladung, über Nacht an Ort und Stelle zu bleiben. Auf dem Palasthof hoch über Narjan mit Blick über die Oase. Einen besseren Platz hätten wir nicht finden können um aufzutanken, denn weiter geht's jetzt etwas anspruchsvoller über den Höhenzug und die Pässe des Asirgebirges runter zum Roten Meer nach Dschizan.

Die Bergwelt im Südwesten

Unerwartet grün zum Teil, dann wieder karge Hochgebirgswüste. Wir nehmen die Verbindung von Najran nach Dschizan, die mehr oder weniger den Grenzverlauf zum Jemen "nachzeichnet". Fast durchgehend guter Asphalt, aber satte Steigungen und Gefälle. Einen Teil der Strecke teilen wir uns fast nur noch mit den unverwüstlichen Toyotas und Tatra 6x6! Am Ende eines langen Fahrtages landen wir bei Dschizan ganz im Süden Saudi-Arabiens zum ersten Mal am Roten Meer! Es gefällt uns allerdings nicht besonders in dieser Gegend. Macht nichts, da kommt gewiß später noch Schöneres, denken wir uns, und biegen sofort wieder ins Asir-Gebirge ab.

Wieder rauf auf über 2000m, hunderte Kilometer immer auf dem Kamm entlang, mit der Hupe auf Affenjagd 🐒 Dann stehen wir hoch oben über der Stadt Al Baha und hier kommt er einmal wieder zum Tragen, der große Vorteil unserer Art zu reisen: an solch einem Platz ankommen, Motor abstellen und fertig ist das Zimmer mit Aussicht!

Jeddah am Roten Meer

Eine Stadt wie keine andere, sie ist unser nächstes Etappenziel. Es geht also wieder runter und raus aus den Bergen. Wobei wir urplötzlich in dichtesten Nebel und Regen geraten. Aber viel verblüffender als dieses Wetter an sich im Wüstenstaat Saudi war für uns die Reaktion der Saudis selbst: Packen die Familie ins Auto und fahren raus ins Nasse, inklusive Hupkonzerten und Selfies mit Scheibenwischern!

Wir schieben uns im Schritttempo durch das spontane Straßenfest, selbstverständlich ordnungsgemäß an Mekka vorbei bis wir Jeddah erreichen. Das hat uns so richtig gut gefallen!

Aber weiter geht's, nach ein paar Nächten am Meer zum Durchschnaufen lockt schon wieder das Gebirge, diesmal das Hedschas. Schöne Landschaft, dünn besiedelt, sehr angenehme Temperaturen, gute Plätze für die Nacht sind leicht zu finden.

Schwarze Lava und weiße Vulkane

Wir suchen hier allerdings einen ganz speziellen Ort. Unser nächstes Etappenziel in Saudi-Arabien sind Jebel Abiadh und Jebel Bayda, so heißen die zwei großen weißen Vulkane im Harrat Khaybar, einem riesigen Vulkangebiet. Den Anblick dieser beiden Schönheiten muß man sich etwas erarbeiten! Aber der Weg ist nicht nur rauh und steinig, sondern auch spektakulär, denn er führt uns entlang eines gigantischen schwarzen Lavafeldes und am Ende mitten hindurch. Der Lohn: ein Stellplatz der Kategorie ⭐⭐⭐⭐⭐

(Diese wunderbaren Bilder aus der Vogelperspektive wurden uns überlassen von http://skycam.pics . Vielen Dank, Marc!!!)

Wie man unschwer sieht, wollte es auch hier der Zufall, daß wir gemeinsam mit Marc & Doro @Steyr2go vor Ort waren. Eine gute Zeit hatten wir da zusammen, aber jeder folgt nun wieder seinen eigenen Plänen und Wegen. Auf unserem weiteren Weg treffen wir zuerst einmal auf allerhand geschichtsträchtiges Altmetall. Zufällig kommen wir an einer (wohl schon länger sich selbst überlassenen) Bahnstation der alten Hedschasbahnlinie vorbei. Gedacht als Verbindung zwischen Damaskus und Medina, war sie dann doch nur kurz am Leben, aber bleibt auf ewig mit dem Namen T.E. Lawrence (von Arabien) verknüpft.

Ab jetzt kommt alles anders

Was hatten wir nicht alles vor? Einen Abstecher nach Jordanien, vielleicht sogar nach Israel hatten wir geplant. Nach Kuweit sollte es noch gehen und Anfang April, nach den iranischen Neujahrsfeierlichkeiten, auf Achse zurück nach Deutschland. Eine Idee nach der nächsten haben wir unterwegs fallen lassen müssen und täglich die Optionen, die theoretisch noch blieben, neu überdacht. Unentwegt erreichen uns neue Nachrichten über strengere, einschränkendere Anti-Pandemie-Maßnahmen in Asien und Europa. Wir versuchen abzuschätzen, wie "unsere" Länder hier auf der arabischen Halbinsel darauf reagieren werden. Können wir uns in Zukunft noch bewegen und versorgen oder brauchen wir bald so etwas wie einen sicheren Hafen? Kontaktlos leben können wir hier ohne Weiteres über einen gewissen Zeitraum, Dank unserer Ausstattung, durch die Erkrankung gefährdet fühlen wir uns definitiv nicht. Aber… Anfang März die Entscheidung: wir beenden diese Reise vorerst, organisieren einen Unterstellplatz für's Auto im Oman, buchen einen Heimflug von Muscat aus. Gesagt, getan! Die Entscheidung fühlt sich am Ende gut und richtig an. Ab dem wunderbaren Wadi Disah im Westen Saudi-Arabiens kehren wir also um und orientieren uns in Richtung Emirate. Die VAE und Oman gelten zu diesem Zeitpunkt als nahezu Corona-freie Länder, es sind keine Restriktionen angekündigt. Bis sich die Ereignisse dann leider überschlagen. Aber der Reihe nach...

Es geht nun also tendentiell zurück Richtung Osten und V.A.E.. Aber nicht ohne Freude am Fahren selbstverständlich, also eher abseits der Piste. Dabei ergibt sich zufällig eine nette Gelegenheit, sich nützlich zu machen. Ein Wasserlaster hat sich eingegraben. Er gehört zu einem Hirtenlager, das dringen Nachschub benötigt. Also, mal kräftig anziehen und: "Wasser Marsch" ( Kleines Video dazu in unserem (B)Logbuch ).

Nachdem wieder alles gut ist, gibt's zur Feier des Tages frisches, sensationell gutes Schaf im Lager der Hirten. Diese Begegnung hatte niemand geplant, aber sie hat alle bereichert.

Land aus Sand

Die Region Al-'Ula. Saudi-Arabien bietet so einiges an "Freilandhaltung für Allradler". Das nehmen wir noch ein Stück weit mit, obwohl wir nun fest entschlossen sind, Saudi-Arabien auf direktem Wege zu verlassen. Mit richtig großem Bedauern, denn zu sehen gäbe es noch so manches! Wir kreuzen noch ein letztes Mal den Weg zweier Kollegen und irgendwie hat beim Abschied jeder schon so den Verdacht, daß bei einem Wiedersehen diese Welt nicht mehr dieselbe sein würde.

Unser Weg führt uns danach zu einem letzten Highlight, einem von Sand und Wind geformten Felsbogen der fantastischen Art mitten im Nichts. Vor allem mitten im Mobilfunk-Nichts und als wir uns am nächsten Morgen über die Piste aus Fels und Weichsand zurück zur Straße durcharbeiten, erreicht uns die Hiobsbotschaft: der Oman schließt morgen um Mitternacht seine Grenzen.

Nichts geht mehr

Der Treffer sitzt, wir sind noch gut 2000km entfernt! Kurzer Kriegsrat, Beschluß: Vollgas! Wenigstens die Emirate noch rechtzeitig erreichen, denn wenn der Oman zumacht, warum nicht auch die VAE?! Es ist hart, wir kommen zu allem Überfluss in einen Sandsturm, wie wir ihn bislang nicht erlebt haben. Aber Windschutz suchen und anhalten ist jetzt absolut keine Option, durch Riad und seinen Verkehrswahnsinn müssen wir auch noch durch. Ein paar Stunden Schlaf auf einem Truckerparkplatz, dann weiter. Wir kontaktieren von unterwegs das Visa-Team der Royal Oman Police, schildern unsere Situation und bitten um Ausnahmeerlaubnis zur Einreise am Folgetag. Die Antwort kommt prompt und ist eindeutig: "ONLY TODAY!" . Dann Grenzübergang in die Emirate. Es kursieren schon Gerüchte über Quarantäne für alle, aber sie messen nur Fieber und wir sind unauffällig. Dafür hält uns der Zoll auf, schickt uns zum LKW-Röntgen, aber der stationäre Scanner ist defekt, man wartet auf den mobilen, der umkreist zuerst gut 100 Cargolaster, bis er uns endlich erreicht. Es ist zum Durchdrehen! Dann sind wir endlich drin. Es ist schon nach 17 Uhr. Sollen wir weiter, können wir noch? Wir wollen! Zeitpuffer gibt es keinen mehr, aber so kurz vor dem Ziel… Also schießen wir durch Abu Dhabi durch bis nach Al Ain, erreichen den Grenzposten mitten in der Nacht aber noch vor Mitternacht, hellwach und wild entschlossen… Und dann kommt die kalte Dusche. Man läßt uns nicht ausreisen, die Emiratis haben schon seit gestern Order, keine Ausländer mehr durchzulassen. Wir diskutieren uns fast um Kopf und Kragen, aber es hilft nichts mehr, gar nichts. Wir erreichen unseren Unterstellplatz im Oman nun nicht mehr und den gebuchten Rückflug von Muscat können wir abschreiben. Wir sitzen fest. Oder nicht? Jetzt ist guter Rat teuer …