Kurz vor Weihnachten waren wir auf der arabischen Halbinsel angekommen. Jetzt geht es heimwärts und noch einmal führt uns der Weg dabei durch das Land der maximalen Gastfreundschaft. Die zwei Monate, die wir letztes Jahr in Iran verbracht haben, haben längst nicht ausgereicht für alle interessanten Orte. Diesmal werden wir Shiraz besuchen können, wollen rauf ins Zagros-Gebirge und rüber in den westlichen Landesteil. Dann geht es weiter über Armenien, Georgien, die Türkei, ... back to Europe.
Mit jedem Kilometer, den wir uns jetzt von der Golfküste wegbewegen, normalisieren sich die Temperaturen. Vom Hochsommer geht’s direkt in den Frühling, das heißt in Shiraz blühen die berühmten Gärten und die Parks und die Rosenmoschee ist sowieso die reinste Pracht, mit ihren unvergänglichen Farben und Mustern. Die Picknick-verliebten Iraner verlagern ihr Leben scheinbar nun komplett nach draußen, wir hatten fast vergessen, was das bedeutet! Jedes Stückchen Wiese in der Stadt ist belegt und qualmt und der ausgelassene Lärm der Familien legt sich erst weit nach Mitternacht einigermaßen. Wir tauchen für ein Wochenende voll ein in den iranischen Trubel, sind dann auch sehr froh, daß wir die einzigen sind, die nach Persepolis weiterziehen. Dort, rund um die „alten Steine“, die Göttern und Helden huldigen, herrscht göttliche Ruhe. Und von hier aus geht’s nun nicht nur weiter rauf in den Norden, sondern auch rauf auf die Berge, das Zagrosgebirge lockt.
Hatten wir uns gerade noch vor ein paar Tagen über den Frühling gefreut, weil es uns nach der der großen Hitze am Golf nicht kalt genug sein konnte, sind wir jetzt glücklich, daß es nicht zu arg ins Minus geht! Die Straße von Aligudarz nach Sefid Dasht im Zagros führt uns mal eben auf über 3000m, es ist richtig zapfig! Aber immerhin schon geräumt, haha. Wieviele Monate ist es her, dass wir zuletzt an einem richtigen Fluss übernachtet haben?! Das Geräusch von fließendem Wasser! Die Farbe von Wiese und Bäumen am Ufer! Jetzt wird uns gerade so richtig klar, wie sehr wir das vermisst haben ...
Eine Provinz voller Bergstraßen und -dörfer. Khorramabad und Kermanshah liegen auf dem Weg und weiter geht's ins iranische Kordestan. Ganz abgelegen, ganz nah an der Grenze zum Irak. Sensationell schöne Bergstraßen, aber zeitintensiv und nichts für Höhensensible. Auf der Fahrt von Paveh nach Marivan ist man für 120 km einen ganzen Tag unterwegs, wird unterwegs einige Male an Militär-Checkpoints um die Pässe gebeten, an jedem mit freundlichem Lachen und Wünschen für eine gute Reise versehen weitergeschickt und landet am Abend im Iran der kurdischen Traditionen. Bunt und glitzernd die Kleider der Damen und exotisch die der Herren mit Pluderhosen und Kopfschmuck. Wir aber sind dann doch die eigentlich „bunten Tierchen“ hier, werden immer wieder angesprochen, obwohl die Verständigung noch schwieriger ist als anderswo, alle wollen auch hier wieder Fotos von uns, sogar nach Mitternacht klopft uns noch einer wach, nimmt all sein Englisch zusammen und ruft durchs Fenster: „Come out for camera!“ Fanden wir in dem Moment nicht ganz so lustig, aber gefallen hat uns der Abstecher in den äußersten Westen unbedingt. Kommen wir wieder in den Iran, fahren wir hier nochmal hin und nehmen uns mehr Zeit dafür!
Der erste war unsere Kaukasustour 2016 und damals wurden wir nicht wirklich warm mit Land und Leuten. Eine gewisse kaukasische Grimmigkeit ist uns in Erinnerung geblieben, schlechteste Straßen, verbreitete Armut, zeit- und geldraubender Grenzübertritt … Was hat sich getan seitdem? Das Grenzprozedere hat sich deutlich geändert, aber zeit- und geldraubend ist es trotzdem noch und auch alles andere ist mehr oder weniger wie gehabt. Das Land kommt nicht vom Fleck. Noch nicht zumindest, es tut sich zwar was und man wird sehen, wohin die Reise geht, jedenfalls ging unsere Reise mitten hinein in den politischen Aufruhr des „Armenischen Frühlings“. Die Hauptstadt hieß es meiden, auf den Landstraßen reihten sich Straßenbarrikaden aneinander. Mal hieß es stundenlang warten, mal konnten wir verhandeln und kamen durch. Am Ende sind wir auch diesmal nicht lange im Land geblieben. Ein paar schöne Eindrücke gab es trotzdem von typisch armenischer Berglandschaft und Kirchen, Klöster, Kreuzsteine. Armeniens Schätze.
5 Tage haben wir diesmal nur für Georgien, 2 davon aber ganz allein für Tiflis. Mal schauen, ob sich hier was getan hat seit unserer letzten Tour in 2016? Oh ja und ob! Zwar gibt es noch die windschiefen Holzhäuser und Kleinstgeschäftemacher in Sachen Schlüssel-, Schuh- und Uhrreparaturen und die Gemüsefrauen mit ihrem Gurkendutzend auf Zeitungspapier und die Heiligenbildverkäufer … aber da, wo wir damals noch heißes, duftendes Brot aus einer kleinen Kellerbäckerei so urig durch’s Fenster gereicht bekamen, wabert nun Shisha-Rauch aus einer Bar. Und das ist nur ein Beispiel, es wird überall abgerissen, renoviert, modernisiert für noch mehr Cafés, Hotels und Cafés und Hotels. Aber die Stadt ist und bleibt ein Traum! Große Stadt mit großem Fluß - das hat halt immer was.
Tja, was wir leider nicht hatten, war eine georgische Autoversicherung. Neuerdings strikte Vorschrift, wußten wir nicht, haben schließlich eine deutsche Versicherung dabei, die war bei der Einreise auch noch völlig ausreichend. Bei Ausreise plötzlich nicht mehr. Um der angedrohten Strafe zu entgehen, sind wir notgedrungen wieder rein ins Land und zum nächstbesten Versicherungsbüro.
So fahren wir jetzt weiter durch die Türkei mit dem „guten Gefühl“, in Georgien ordentlich versichert zu sein. Das Moped hat übrigens extra gekostet, obwohl es nur Huckepack dabei war.
Wir rollen wieder Richtung Westen, aber eilig haben wir es nicht, also entscheiden wir uns gegen den kürzesten und nehmen den vielleicht schönsten Weg quer durch die Türkei: die D010 am Schwarzen Meer entlang, mehr als 2000 km von Hopa bis Karasu. Zuerst gut ausgebaut und immer schön mit Meerblick, dann schmal und schmaler an den Hängen entlang rauf und runter und über hunderte Kilometer durch dichtes Grün, ausgedehnte Wälder und Haselnußplantagen. Belohnung für die Mühe: kleine verwunschene Orte, schöne Übernachtungsplätze und offene Herzen und Arme der Leute, die hier wohl so gut wie nie Ausländer zu Gesicht kriegen. Einmal stoppen wir abends, suchen nach einem Übernachtungsplatz, da springen ein paar Leute aus einem PKW: sie haben uns vorbeifahren sehen, sind uns nach, möchten uns einladen, auf ihrem Grundstück zu übernachten. Meerblick, überdachter Sitzplatz an einem Fluß, WLan und fangfrischer Fisch… Ein anderes Mal werfen wir in einem kleinen Hafen den Anker für die Nacht, als keine 5 Minuten später das erste Polizeiauto neben uns auftaucht: die übliche Passkontrolle? Im Gegenteil: Begrüßung durch den Revierchef und Einladung zum Kaffee. Dann ein zweites Polizeiauto und eine Einladung zu einem privaten Gitarrenkonzert im Hafencafé am Abend… Wow! Wie oft waren wir schon in der Türkei? Oft. Und immer wieder passiert uns sowas, die enorme Gastfreundschaft in diesem Land ist kaum in Worte zu fassen. Aber wir müssen weiter, in großem Bogen an Istanbul vorbei via Gallipoli zurück nach Europa.
Wunderschön. Deshalb ist jetzt hier Urlaub angesagt. Und gleich im Vorwärtsgang die Antwort an alle, die sich vielleicht fragen: „Und was bitte war das, was die da vorher monatelang gemacht haben?“ REISEN war das! Wir können es nicht oft genug betonen: es gibt einen gewissen Unterschied zwischen REISE und URLAUB! Aber leider, leider… beides neigt sich nun dem Ende zu. Wir rollen heimwärts ...
... mit unvergesslichen Begegnungen. Vielleicht sehen wir uns wieder, irgendwann, irgendwo, unterwegs.